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Ich habe heute leider kein Schnee für Euch …

Am heutigen Samstag geht es an den Strand. Vielmehr an den See. Namentlich den Walensee, welcher nicht vom gleichnamigen Tier herrührt, sondern von den Welschen. Im Frühmittelalter bildete der Walensee die Sprachgrenze zwischen den im Westen siedelnden Alamannen und den Rätoromanen, den Welschen, im Osten. Damit hätten wir dem akademischen Anspruch Genüge getan.

Kennzahlen zum Wanderweg entlang des Walensees

Schauen wir uns nun einmal die nette Grafik weiter oben an. Hierbei handelt es sich um das Höhenprofil der Wanderung. Ein paar Kennzahlen dazu:

  • Dauer 6h20
  • Entfernung 20,4 km
  • Aufstieg / Abstieg: 1.500 m
  • Höchster Punkt: 850 m
  • Tiefster Punkt: 418 m

Wer nun aufstehen und applaudieren möchte, dem sei dies gestattet.

Die Wanderung am Walensee

Es war ein anstrengender aber auch wunderschöner Ausflug. Auch wenn mir zu Beginn nicht klar war, dass die Höhenunterschiede derart gewaltig sind, habe ich die gesamte Strecke sehr genossen. Der Weg beginnt am Strand des ansehnlichen Städtchens Walenstadt. Das Schild schlägt knapp 6h Fussmarsch vor. Der Wetterbericht sagt zwar Regen voraus, aber ich bin mit meinem guten alten Jack ausgestattet. Jack Wolfskin scheint übrigens auch in der Schweiz ein Erkennungsmerkmal der Deutschen zu sein. Vermutlich nicht zufällig stimmte letztes Wochenende ein an mir vorbeigehender Mann die Liedzeile „Das alles und noch viel mehr…“ von Rio Reiser an.

Von Walenstadt aus schlängelt sich zunächst ein Weg in langgezogenen Serpentinen den Berg hinauf. Der Weg selbst ist eher unspektakulär, bietet aber herrliche Ausblicke auf den tief unter mir liegenden See und die winzige Schnittlauchinsel darin. Mit jedem Meter voran in den dicht bewaldeten Berghang und jedem Blick zurück auf das immer winziger werdende Örtchen hinter mir staune ich nicht schlecht, wie schnell und hoch ich doch in recht kurzer Zeit gekommen bin. Nach einiger Zeit gelange ich an den Wendepunkt. Bis hierher führt eine Strasse, ab hier geht es nur per pedes weiter. Der Wald öffnet sich für eine kleine Hochebene. In der Ferne kreischt eine Kreissäge, angetrieben von Vater und Sohn die sich vermutlich für die kommende Saison vorbereiten.

Die Hochebenen und die gesamte Strecke bieten einen krassen Gegensatz zur letzten Woche. Daher habe ich in dieser Woche auch keinen Schnee für Euch. Fast schon frühlingshaft ist es hier und alles wirkt so, als hätte Heidi gerade erst die Szene verlassen. Auf der Sonnenseite der mächtigen Churfirsten gelegen, herrscht hier ein ganz eigenes Klima. Den gesamte Weg über begleiten mich begrünte Freiflächen, Frühblüher und immer wieder Weinberge. Der Weg fällt bald wieder so steil hinab wie er zuvor hinauf führte und unweigerlich frage ich mich, warum ich Esel denn erst hoch renne, um dann wieder nach unten zu fallen. Vollkommen überzeugt und entschädigt werde ich dann aber von meinem Platz am Kieselstrand , an dem ich mein Mittag verspeise.

Quinten

Nach einer kleinen Rast direkt am Seeufer wage ich mich weiter. Quinten sollte nicht mehr weit sein. Frisch gestärkt geht es wieder – Überraschung – bergauf. Binnen weniger Minuten liegt der See wieder hunderte Meter unter mir und der Wald umgibt mich. Vorboten der Zivilisation lassen das erste Etappenziel erahnen. Zunächst ein herrenloser Dackel und dann den Weg säumende Laternen. Immer wieder blicke ich zurück und geniesse die Aussicht. Das Bild mit der Brücke zeigt übrigens in der Ferne die Dächer von Walenstadt – dem Ausgangsort der Wanderung. Plötzlich geht es wieder bergab zu einem bezaubernden Rastplatz mit Picknick Tischen und Bänken. Von hier aus schlängelt sich der Weg direkt am Berg entlang nur knapp über dem Seeufer. Nur noch wenige Minuten und ich erreiche das bezaubernde Örtchen Quinten. Hier wachsen Palmen und Feigenbäume. Ein Ort, der im Sommer noch schöner sein muss. Zu dieser Jahreszeit jedoch ist die Flucht des Dackels verständlich, denn hier werden Hunde sprichwörtlich begraben.

Die Strecke von Walenstadt nach Quinten ist in knapp 3 Stunden geschafft. Variante Eins wäre nun, mit dem Schiff über den Walensee und heim zu fahren. Variante zwei ist der Weg nach Weesen, was weitere 3 Stunden Fussmarsch bedeutet. Die Wahl fällt überraschend leicht, denn es fährt kein Schiff. Also frisch ans Werk und auf in den Kampf.

Auf nach Weesen

Direkt hinter Quinten kommen mir immer wieder gut gelaunte Wanderer entgegen. Auch ein alter Mann mit Gehstock kommt auf mich zu und grüsst mit einem anachronistisch wirkenden „Guten Tag“. Gut gelaunte Wanderer und ein alter Mann mit Stock deuten auf eine angenehme restliche Strecke hin. So denke ich und wandere ahnungslos weiter. Und dann folgt das Schild. Jenes Schild, welches auf Steinschläge hinweist und vom Verwenden eines Kinderwagens abrät. Wurzeln, Steinhaufen, Felsvorsprünge, rutschige, bemooste in den Boden gehauene Stufen erklären es. Unweigerlich frage ich mich, wie der alte Mann diesen Weg gemeistert hat. Aber dann fällt es mir auf: Er hatte ja den Stock! Der Weg führt streckenweise direkt am Felsen entlang. Hier findet man auch die grossartige Erfindung einer Kuhglocke als Ampel. Sobald man sich an der Führungskette den Abhang hinaufzieht, werden alle entgegenkommenden durch lautes Geläut informiert. Das ist auch gut so, denn sehen kann man den Gegenverkehr hier nicht.

Minuten später fällt der Weg wieder ab – wer hätte das gedacht – in ein Naturschutzgebiet. Wildnis beschreibt den Weg hinab am Besten. Der Duft von Holz hängt in der Luft. Immer wieder überquert man kleinere Wasserläufe. Alles in allem ein herrlich schönes Waldreservat mit einem wunderschönen Rastplatz. Nicht weit entfernt liegt ein Rauschen in der Luft und kündet ein Naturschauspiel an. Die Seerenbachfälle. Selbige bestehen aus einer Kaskade von drei Wasserfällen mit einer Gesamthöhe von knapp 600 Metern. Berauschend ist es hier – und das nicht nur für die Ohren.

Ab hier geht es wieder asphaltiert weiter. Die letzten Kilometer von den Fällen bis hinab nach Amden und Weesen sind gut erschlossen und führen direkt an der Straße entlang. Der Weg schlängelt sich erst noch einmal über Hochebenen und freie Landstriche, um dann bald wieder direkt an den Klippen entlang zu führen und wenig später sogar in den Felsen abzutauchen. Nach knapp 6h falle ich erschöpft auf eine Parkbank auf der Uferpromenade von Weesen. Am Trinkwasserbrunnen tanke ich noch einmal auf, streife kurz durch das malerische Örtchen und fahre dann mit Bus und Bahn zurück nach Buchs. Geschafft falle ich ins Bett und verspreche mir selbst, nächstes mal nur eine Runde um den Buchser Stadtteich zu drehen.

5 Antworten auf „Ich habe heute leider kein Schnee für Euch …“

Das war ja ein ganz schöner Ritt, alle Achtung ! Übrigens – das muss ein anderer alter Mann mit Stock gewesen sein, weiss ich ganz! genau.

Ja es war anstrengend, aber auch sehr schön – Bin am Abend nur noch kaputt ins Bett gefallen – Ohne Essen.

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