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US-Wahl 2020

Wahl 2020. Informationen zum Wahlsystem der USA. Wer wählt eigentlich wen? Wann steht faktisch der Gewinner fest?

Im November 2020 wurde in den USA gewählt. Abgestimmt wurde darüber, wer ab dem 20. Januar 2021 das Präsidentenamt bekleiden soll. Das Wahlsystem der USA ist anders als das deutsche Wahlsystem. Verfolgt man derzeit die Medien, wird das deutlich. Auch mir war das alles nicht so ganz klar, und daher habe ich mich etwas schlau gemacht. Meine neu erworbene Schlauigkeit möchte ich an dieser Stelle teilen.

Der Beitrag ist durch Überschriften gegliedert. Mit Hilfe des Inhaltsverzeichnisses könnt ihr an die Stellen navigieren, die euch interessieren und die Stellen überspringen, deren Inhalt ihr ohnehin schon kennt oder zu kennen glaubt.




51 Einzelwahlen

Die Präsidentschaftswahl in den USA besteht aus 51 Einzelwahlen (50 Bundesstaaten plus District of Columbia). Jeder Bundesstaat hält seine eigene Wahl ab und hat seine eigenen Regularien für diese Wahl. Es gibt keine übergreifende staatliche Wahlbehörde, die ein einheitliches Vorgehen bestimmt und verfolgt oder die Stimmzettel aus- und Ergebnisse zusammenzählt.

Das Ergebnis einer Wahl in einem Bundesstaat hat keine direkten Auswirkungen darauf, wer Präsidentin oder Präsidenten der USA wird. Die Wahl im Bundesstaat bestimmt lediglich, welche Partei eine definierte Anzahl an Wahlfrauen und Wahlmännern (Electors) in das Gremium von Wahlmännern (Electoral College) entsendet. Dieses Electoral College wählt das Staatsoberhaupt.

Jeder Bundestaat hat für die Auszählung der Stimmzettel sowie die Verifizierung und Zertifizierung des Wahlergebnisses einen rechtlich festgelegten Zeitraum. In Kalifornien beispielsweise ist der Zeitpunkt für die Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses der 11. Dezember 2020. Kalifornien entsendet 55 Wahlmänner. Somit steht also spätestens am 11. Dezember 2020 fest, wie sich das Electoral College final zusammensetzt.

Quellen:

Indirekte Wahl – Electors

silhouette of people beside usa flag

Die Wahl des höchsten Amtes in den USA ist eine indirekte Wahl. Zur Wahl registrierte amerikanische Staatsbürger (Voters) geben auf dem Stimmzettel (Ballot) ihre Stimme zwar für eine Präsidentschaftskandidatin oder einen -kandidaten ab, ihre Stimme gilt aber für eine Gruppe von Wahlmännern (slate of electors). Electors werden zuvor von der jeweiligen Partei auf der Ebene des Bundesstaates bestimmt und verpflichten sich dazu, ihre Stimme im Electoral College für die entsprechende Partei abzugeben.

Das Electoral College setzt sich zusammen aus 538 Stimmberechtigten. Die Anzahl der Stimmen eines Bundesstaates entspricht der Anzahl an Bundesabgeordneten des Bundesstaats. Das Electoral College tritt am ersten Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember eines Wahljahres im jeweiligen Bundesstaat zusammen und wählt die Präsidentin oder den Präsidenten der kommenden Legislaturperiode. Dabei sind die Electors der Partei verpflichtet, die sie zuvor als Elector bestimmt hat. Als gewählt gilt die Präsidentschaftskandidatin oder der -kandidat, der mindestens 270 der 538 Stimmen auf sich vereinen kann.

Am Wahltag stimmen die Voters also für Electors. In fast allen Bundesstaaten (ausgenommen Nebraska und Maine) gilt das Winner-take-all-System: Das slate of electors mit den meisten Stimmen gewinnt den gesamten Bundesstaat und die entsprechenden Electors stimmen im Electoral College ab. Nebraska und Maine entsenden je 2 Electors für den Gesamtsieger des Bundesstaates und 3 (Nebraska) bzw. 2 (Maine) Wahlmänner, die als Gewinner von Kongresswahlbezirken (congressional districts) bestimmt wurden. Damit sind Nebraska und Maine die einzigen Bundesstaaten, die Electors beider Parteien ins Electoral College entsenden könnten.

Quellen:

(K)eine geheime Wahl – Registrierung zur Wahl

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Die Wahl in den USA ist und bleibt eine geheime Wahl. In allen Bundesstaaten ausser in North Dakota müssen amerikanische Staatsbürger zur Wahl registriert sein, um ihre Stimme abgeben zu können. Die Registrierung kann online oder persönlich vorgenommen werden. Persönliche Registrierungen erfolgen in einem lokalen Wahlbüro (local election office), im Department of Motor Vehicles oder über das National Mail Voter Registration Form.

Voters erhalten in vielen Staaten eine „voter registration card“, die unter anderem Angaben zum Wahllokal enthält. Am Wahltag müssen sich die Wahlberechtigten ausweisen und erhalten daraufhin ihren Stimmzettel (Ballot). Der Registrierungs- und der Wahlvorgang unterscheidet sich zwischen den Bundesstaaten, ebenso das Datum, bis zu dem man sich registrieren lassen kann. Auch die Vorgaben zur Identifikation sind in den Bundesstaaten unterschiedlich geregelt.

Nicht komplett geheim hingegen ist die Wahl, sofern man seine Stimme nicht nicht direkt im Wahllokal abgibt. In diesem Fall bedarf es einer Absentee/Mail-in-Ballot, die beantragt werden muss. Diese Stimmzettel werden in einem unterschriebenen Umschlag an die jeweilige Wahlstelle zurückübermittelt. Somit ist theoretisch eine direkte Zuordnung von Umschlag und Stimmzettel möglich.

Quellen:

Absentee/Mail-in-Ballot anfordern

Die Stimmabgabe ist nicht zwingend persönlich und nicht zwingend am Wahltag notwendig. Es ist auch möglich, seine Stimme vorab und per Briefwahl abzugeben. Jedem Voter steht dies frei. Für das Absentee/mail-in voting ist es notwendig, einen Stimmzettel (Ballot) zu beantragen. Der Antrag kann persönlich, online oder per Brief erfolgen. Das Datum bis zu dem ein solcher Stimmzettel beantragt werden kann, wird von jedem Bundesstaat selbst festgelegt. In drei Bundesstaaten kann man noch am Wahltag (3. November 2020) einen entsprechenden Stimmzettel persönlich beantragen (Kalifornien, Maryland, New Jersey).

Stimmzettel der Vorab- oder Briefwahl (Absentee/Mail-in-Ballots) können widerum persönlich oder per Post an die zuständigen Stellen zurück übermittelt werden. Das Datum bis zu welchem die Ballots abgegeben werden müssen, ist in den Bundesstaaten gesetzlich geregelt. In zahlreichen Staaten ist dieses Datum der Wahltag.

Absentee/Mail-in-Ballots müssen verarbeitet werden, bevor sie als gültige Stimmen erfasst werden. Die Verarbeitung beinhaltet die Identifikation des Voters zum Beispiel durch den Abgleich der Unterschrift auf Ballot mit einer registrierten Unterschrift (z. B. Führerschein). In einigen Bundesstaaten ist es möglich, eine abgelehnte Identifikation zu korrigieren. Die Verarbeitung einer Ballot beinhaltet daneben Prüfungen formaler Eigenschaften des Stimmzettels.

Beispiel abweichender Unterschriften (Quelle)

Erst wenn eine Ballot aufgrund der Ergebnisse der Verarbeitung als legal gekennzeichnet ist, wird sie in die Auszählung gegeben. Der Zeitpunkt, ab dem eine Absentee/Mail-in-Ballot verarbeitet und gezählt werden darf, ist in den Bundesstaaten gesetzlich geregelt. Einige erlauben die Verarbeitung bei Eintreffen des Stimmzettels, andere gestatten die Verarbeitung frühestens am Wahltag.

  • 17 Staaten erlauben in 2020 die Verarbeitung und Zählung von Absentee/Mail-in-Ballots vor dem Wahltag
  • 16 Staaten erlauben in 2020 die Verarbeitung und Zählung von Absentee/Mail-in-Ballots am Wahltag vor Schliessung der Wahllokale
  • 17Staaten erlauben in 2020 die Verarbeitung und Zählung von Absentee/Mail-in-Ballots am Wahltag nach Schliessung der Wahllokale

Quellen:

Medien rufen (vorläufige) Wahlergebnisse aus

i voted sticker lot

Da es keine bundesweite Institution oder Behörde gibt, durch die eine solche Wahl geführt wird, gibt es auch keine Institution oder Behörde, die bundesweit Stimmzettel aus- und Ergebnisse zusammenzählt. Nach Ablauf der Deadline für die Zertifizierung der Wahlergebnisse veröffentlicht jedes County seine Zahlen. Im Idealfall veröffentlicht zusätzlich der Secretary of State das offizielle Wahlergebnis. Es gibt jedoch keine bundesweit zentrale Stelle, über die Eregebnisse der 51 Einzelwahlen zusammengeführt werden.

Daher hat es sich über die Jahre hinweg etabliert, dass Prognosen zum Ausgang der Präsidentschaftswahl von den Medien erfolgen. Agenturen arbeiten eng mit den Wahlbüros vor Ort zusammen und sammeln die am Wahlabend oder an den darauffolgenden Tagen bekanntgegebenen Ergebnisse der Bundesstaaten, zählen diese zusammen, berücksichtigen die Anzahl der noch ausstehenden Ballots, ziehen Trends aus vergangenen Wahlen zu Rate und gelangen dann zu einer Prognose und einem vorraussichtlichen Gewinner pro Bundesstatt.

Auch der amtierende Präsident ist in dieser Sache offenbar nicht ganz auf Stand

Seit dem Bürgerkrieg ist bei der Berichterstattung und Wahlauswertung die Nachrichtenagentur Associated Press führend, aber auch andere grosse Nachrichtensender und -agenturen sammeln, berechnen und vorhersagen den Ausgang der US-Wahl. Twitter teilte am 2. November 2020 mit, dass sie ein Ergebnis als „offiziell“ anerkennen, wenn der Bundesstaat das Ergebnis offiziell verkündet oder mindestens zwei von sieben Agenturen die Wahl in einem Bundesstatt als entschieden melden (call the race).

Die Mechanismen mit denen die Agenturen zu ihren Ergebnissen kommen unterscheiden sich. Daher ist es am Wahltag keine Besonderheit, wenn man zwischen den grossen Stationen switched und abweichende Ergebnisse sieht.

Quellen:

Zeitrahmen

Der Prozess (von Wahl bis Vereidigung) umfasst einen Zeitraum von fast drei Monaten: 3. November 2020 bis 20. Januar 2021.

Der Tag der Wahl ist festgelegt auf den ersten Dienstag im November eines Wahljahres. Die Verfassung der Vereinigten Staaten erfordert es, dass diese General Election bundesweit am gleichen Tag ausgeführt wird. An diesem Tag bestimmen die Voters, welche Electors das Electoral College bilden.

Für die meisten Amerikaner endet die Wahl, sobald die Medien eine Gewinnerin oder einen Gewinner ausrufen. Das dies aber nur eine Prognose darstellt und erst die nachfolgenden Schritte für die eigentliche Wahl relevant sind, wissen die wenigsten.

Am ersten Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember eines Wahljahres tritt das Electoral College zusammen und wählt das Staatsoberhaupt für die kommende Legislaturperiode.

Die Wahl der Electors im Electoral College wird am 6. Januar 2020 vom Kongress ausgezählt, und anschliessend wird das offizielle Ergebnis der Präsidentschaftswahl durch den Senatsvorsitzenden (den amtierenden Vize-Präsidenten, derzeit Mike Pence) verkündet.

  • 3. November 2020 – Voters stimmen für Slate of Electors ab
  • 3. November 2020 bis 11. Dezember 2020 – Auszählung der Stimmzettel und Bestätigung der Ergebnisse pro Bundesstaat
  • 14. Dezember 2020 – Electoral College wählt den Präsidenten
  • 6. Januar 2021 – Kongress bestätigt den Präsidenten
  • 20. Januar 2021 – Amtseinführung des Präsidenten

Fazit

Aus all den genannten Punkten heraus erklärt sich auch die aktuelle Situation in den USA (Stand: 15. November 2020). Der President-elect Joe Biden ist faktisch noch nicht von offizieller Seite als neuer Präsident der USA bestätigt, auch wenn die Prognose der Medien dies nahelegen.

Die offizielle Wahl des Präsidenten der USA findet faktisch im Electoral College und damit am 16. Dezember 2020 statt. Dieser Umstand ermöglicht es der amtierenden Regierung, an den aktuellen vorläufigen Ergebnissen zu zweifeln. Das bedeutet nicht, dass der derzeitige in den Medien verbreitete Stand der Dinge nicht korrekt ist. Bestätigen sich die aktuellen Prognosen und stimmen alle Electors im Electoral College für den Kandidaten ab, zu dem sie sich verpflichtet haben, und bestätigt der Kongress diese Abstimmung, dann wird Joe Biden am 20. Januar 2021 als neuer Präsident der USA vereidigt. Was jedoch bis zum und im Electoral College passieren wird, ist derzeit nocht nicht klar. Auch in früheren Wahlen gab es Faithless Electors, die nicht entsprechend der Mehrheit im Bundesstaat stimmten.

Update 16.11.2020: Entsprechend nachweislich falsch ist demnach auch die neueste Siegesbekundung des amtierenden Präsidenten.

Wenn man sich die Mühe macht und in allen Bundesstaaten die offiziellen Zahlen prüft (was ein enormer Aufwand ist, da die Zahlen in manchen Staaten nur auf Countyebene offiziel veröffenticht werden), so ergeben sich für Sonntag, 15. November 2020, folgende Zahlen. Berücksichtigt sind die Bundestaaten, in denen die Deadline zur Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses abgelaufen ist und die Ergebnisse veröffentlicht sind.

StaatLinkBidenTrump
Delaware (Nov 5)Wahlergebnis3
Vermont (Nov 10)Wahlergebnis1
South Dakota (Nov 10)Wahlergebnis3
Oklahoma (Nov 10)Wahlergebnis7
Louisiana (Nov 10)Wahlergebnis8
Wyoming (Nov 11)Wahlergebnis3
South Carolina (Nov 11)Wahlergebnis9
Mississippi (Nov 13)nicht bestätigt
Stand: 17. November 2020, 17.00 Uhr (UTC-8)

Jetzt ist das besprochene Vorgehen aber nicht neu. Soll heissen, dass auch bei allen vorherigen Präsidentschaftswahlen der USA die offiziellen Ergebnisse erst später feststanden und die vorläufigen Ergebnisse von den Medien verkündet wurden. Warum also gibt es da in diesem Jahr so einen Tumult? Das liegt daran, dass in diesem Jahr bislang keine „Concession Speech“ erfolgte. Die Concession Speech ist eine Rede, in der sich der als Verlierer prognostizierte Kandidat vor die Kameras stellt und seine Niederlage eingesteht. Das Eingestehen der Niederlage durch den prognostizierten Verlierer der Wahl, ist eine amerikanische Tradition. Es gibt hierfür jedoch keine rechtliche Grundlage.

Mehr

Websites

Wahlergebnisse laut der von Twitter benannten Agenturen:

  1. https://abcnews.go.com/Elections/2020-us-presidential-election-results-live-map
  2. https://blog.ap.org/behind-the-news/calling-the-2020-presidential-race-state-by-state
  3. https://www.cbsnews.com/news/live-election-results-2020-presidential/
  4. https://www.cnn.com/election/2020/results/president
  5. https://results.decisiondeskhq.com/
  6. https://www.foxnews.com/elections/2020/general-results
  7. https://www.nbcnews.com/politics/2020-elections/president-results?icid=election_usmap?icid=election_usmap

Wahlergebnis laut anderer Quellen:

Videos

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